Samstag, 18. Juni 2011

Filmkritik: Jekyll

Es tut mir leid, dass hier in den letzten Woche so eine Flaute herrschte. Aber ich hatte viel um die Ohren mit dem Studium, der Bachelorarbeit usw. Ich denke jetzt, wo die BA-Arbeit immerhin schon mal wegfällt komme ich wieder öfter dazu hier was zu schreiben. Ich weiß, dass ich immer noch Reviews zu Hamlet und Blackpool schreiben muss, aber wie es aussieht muss das noch etwas warten; genau wie Primeval. Aber ich habe es nicht vergessen *g* Heute geht es mal nicht um David Tennant, sondern um Steven Moffat und eine seiner anderen Serien; nämlich Jekyll. Obwohl die neue Doctor Who Staffel etwas enttäuschend ist, bin ich nach wie vor der Meinung, dass „Steven Moffat“ ein Name ist bei dem man sich sicher sein kann spritzige, intelligente Dialoge und einen Plot mit Tiefgang geliefert zu bekommen. Jekyll hat zumindest meine Erwartungen, die ich an diesen Namen stelle erfüllt: die sechsteilige Miniserie ist nicht nur blutig, sondern auch spannend, witzig und sehr unterhaltsam.

Regisseur: Douglas Mackinon, Matt Lipsey
Drehbuch: Steven Moffat
Darsteller: James Nesbitt, Gina Bellman, Paterson Joseph, Denis Lawson, Michelle Ryan, Meera Syal, Fenella Woolgar
Format: 6x50 Minuten
Erscheinungsjahr: 2007

Story:
Wir schreiben das 21. Jahrhundert und Dr. Jackman sieht sich mit einem Problem konfrontiert, das schon Jekyll 100 Jahre vor ihm kannte; ein äußert aggressives und ziemlich gelangweiltes Alter Ego namens Hyde. Gelingt es Tom Jackman anfangs noch recht gut sich mit Hyde zu arrangieren, so gerät die Situation mit der Zeit immer mehr außer Kontrolle; vor allem will Hyde so gar nicht gefallen, dass Jackman ihm verschwiegen hat, dass er verheiratet ist und zwei Kinder hat. Es droht zum Krieg zwischen den beiden Persönlichkeiten zu kommen und dann tritt auch noch eine sonderbare Organisation auf den Plan….

Review:
Moffat hat nicht etwa einfach nur die altbekannte Geschichte des Dr. Jekyll und Mr. Hyde ins 21. Jahrhundert verlegt und unserer Zeit angepasst, sondern es handelt sich hier vielmehr um eine Fortsetzung. Die Geschichte ist nicht neu und wurde bereits unzählige Male aufgegriffen und verfilmt oder in Bühnenstücke/Musicals gepackt, dennoch gelingt es Steven Moffat der Geschichte eine ganz eigene Note zu geben. Robert Louis Stevensons Buch existiert und wird in der Serie auch immer wieder thematisiert. Die Serie spielt gewollt immer wieder auf Stevensons Erzählung an und es gibt durchaus Verbindungen, die jedoch erst im Laufe der Handlung deutlich werden. Somit ist das Ganze schön mit dem Original verbunden ohne nur ein billiger Abklatsch zu sein.

Jekyll fährt mit einer sehr interessanten und durchaus gelungenen Erzähltechnik auf; die Handlung wird nicht einfach vom Anfang bis zum Schluss erzählt, sondern wird immer wieder von Rückblenden und Voraussichten durchbrochen. Somit erhält der Zuschauer immer mehr Puzzleteile, die sich langsam zu einem Ganzen fügen. Die Handlung wird nie langweilig und die großen Mysterien können überzeugen. Das Fantastische an dieser Serie ist, dass prinzipiell nie das passiert was man erwartet und nichts ist so wie man denkt. Steven Moffat hat beim Scrip wirklich hervorragende Arbeit geleistet – was sich im Übrigen auch deutlich in den Dialogen zeigt. Vor allem Doctor Who Fans dürften einige Parallelen auffallen *g*  Are you my daddy?

James Nesbitt kann in der Rolle des Tom Jackman und seines Mr. Hyde durchaus überzeugen. Die Leistung die er vollbringt ist wirklich bemerkenswert; er schafft es ohne große Unterstützung von Make-up zwei völlig unterschiedliche Menschen darzustellen, die sich einen Körper teilen. Moffat hat bewusst auf eine großartige monströse Verwandlung verzichtet, weil er wie er sagt, die Geschichte dieses Mannes erzählen will und nicht die eines Werwolfs. Glaubt man im ersten Moment nach der ersten Verwandlung noch den gleichen Mann wie eben vor Augen zu haben, fällt einem beim zweiten Blick dann doch eine Veränderung auf. Mit klugem Einsatz von Prothesen und Kontaktlinsen wird eine so minimale Veränderung bewirkt, dass dem Zuschauer bewusst bleibt, dass Jackman und Hyde ein Mann sind, aber zwei grundverschiedene Personen. Jackman  ist ein normaler, eher ruhiger wenn auch durchaus humorvoller Ehemann und Vater, dem seine Familie alles bedeutet. Hyde hingegen ist das genaue Gegenteil; er ist wie ein Kind; alles was er nicht ficken oder essen kann interessiert ihn nicht. Obwohl er ungemein brutal und grausam ist, kommt man als Zuschauer nicht umhin seinem Psychopathen Charme zu verfallen.  Besonders in Situationen in denen Jackman völlig den Kopf zu verlieren droht und Hyde nichts als bissige Kommentare für die Situation übrig hat sind amüsant.

Moffat und Nesbitt gelingt es sowohl Jackman als auch Hyde nicht nur als „gut“ und „böse“ darzustellen, sondern den beiden Persönlichkeiten Tiefgang und Facettenreichtum zu verleihen. Während Nesbitt Jackman eher zurückhalten spielt, dreht er bei Hyde voll auf. Was unter normalen Umständen als too much gewertet werden würde geht bei seiner Darstellung des Mr. Hyde problemlos durch, einfach weil er so schön psychopathisch ist. Obwohl Jackman ganz klar die ruhige, vernünftige und Hyde die aggressive, brutale Seite ist, wird er nicht einfach zum Bösewicht degradiert. Gleiches gilt für Jackmans Gegenspieler in der Serie; sogar die kleinen Nebenrollen sind gut durchdacht und haben Motive für das was sie tun.

Wer die düsteren und durchaus creepy Folgen von Doctor Who, wie z.B. Empty Child oder Blink, mochte, der wird sicher auch seine Freude an Jekyll haben – vorausgesetzt, man hat nichts gegen Gewalt und Blutrünstigkeit einzuwenden *g*
Ein Interview mit James Nesbitt zu Jekyll findet ihr hier und hier eins mit Steven Moffat.